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Unternehmensentwicklung und externe Innovation durch M&A und Corporate Venturing – Teil 2: Kritische Erfolgsfaktoren
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Corporate Startup Engagement – Eine Zusammenfassung aktueller Publikationen

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Entwicklungen am Markt

Die derzeitige Unternehmenswelt sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Der Mangel an Fachkräften ist ein omnipräsentes Thema, genauso wie das Aufkommen disruptiver Technologien, sowie neuer und agiler Wettbewerber. Lag die durchschnittliche Lebensdauer von Unternehmen 1958 noch bei 61 Jahren, so steuert sie heute auf durchschnittliche 18 Jahre zu. Unternehmen fehlen demgegenüber oft Innovationen in den Geschäftsfeldern der Zukunft, ebenso wie eine ausreichende Vorbereitung auf die Digitalisierung der Wertschöpfungskette. [1]

Der wachsenden Bedrohung durch disruptive Technologien begegnen viele Unternehmen mit einer verstärkten Investition im Bereich F&E. Es ist zu beobachten, dass die Ausgaben im F&E, seit den 90er stetig gestiegen sind. Allerdings ist es ebenfalls so, dass Unternehmen trotzdem nur langsam und schwerfällig Fortschritte verzeichnen. [6]

Dieser Situation sieht sich derzeit die strategische Unternehmensentwicklung gegenübergestellt. Durch die aktuellen Entwicklungen wird sie immer bedeutsamer. Eine ihrer entscheidenden Aufgaben ist die Identifikation und Generierung von Innovationen. Dies kann durch folgende Maßnahmen geschehen:
 
- Zukauf anderer Unternehmen (M&A Aktivitäten)
- Einrichten von Intrapreneurship Programmen, zur internen Innovationsentwicklung
- Einsetzen von Scouts, zur Startup-Suche
- Entwicklung einer Partnerschaft mit Startups
- Aufsetzen von Inkubator- oder Accelerator Programmen
- Einsetzen von Corporate Venture Capital Einheiten (CVC-Einheiten)
Unternehmen nutzen zwar vermehrt die genannten Maßnahmen, [3] allerdings führt die Umsetzung zu einer Änderung der Arbeitsweise zwischen den beteiligten Abteilungen und fordert eine genaue Abstimmung zwischen den Mitarbeitern, die zu Mitgestaltern werden. Mit dem Innovationsprozess gehen also auch Anpassungen in der Organisation einher. [8]
Hierbei kommt es zu einer Reihe von Herausforderungen.

Herausforderungen

Unternehmen, die ihre Accelerator Programme zusammenschrumpfen oder ganz beenden nennen als Grund zu steife Prozesse auf der Verfahrensebene. Außerdem beklagen sie auf der kulturellen Ebene eine zu hohe Risikoaversion. Schließlich werden fehlende interne Ressourcen für ein mangelndes Engagement in Startups genannt. [7]
In der Folge kommt es zu Verzögerungen oder dem Scheitern von Projekten in der Zusammenarbeit mit Startups. [3]
Insgesamt stellen sich Unternehmen als zu langsam heraus. Hierarchisch und politisch bedingte Entscheidungsprozesse können von Startups oft nicht nachvollzogen werden und es entsteht der Eindruck der Partner sei nicht gewillt in der gleichen Geschwindigkeit zusammenzuarbeiten. [5,3]
Startups haben zudem oft das Empfinden keinen Zugang zu den tatsächlichen Entscheidungsträgern der Corporates zu haben. In der Folge entsteht die Meinung, an den falschen Kooperationspartner geraten zu sein. [5]
Schließlich nehmen sowohl Corporates als auch Startups die Haltung ein, der jeweils andere habe unklare oder falsche Erwartungen an die Zusammenarbeit. Trotzdem ca. 60% der Unternehmen in Deutschland mit Startups zusammenarbeiten bringen nur etwa ¼ der Startup-Piloten Lösungen, die später Marktreife erlangen. [9]
Gründe für das Scheitern von Corporate Startup Engagement
Des Weiteren benötigen Unternehmen oft länger als 6 Monate um einen Startup-Deal zu schließen, was den Erfolg extrem schmälert. [9]
Diese Trägheit ist vor allem den zahlreichen manuellen sowie veralteten Arbeiten bei Datenpflege und Reporting, unkoordinierten internen und externen Aktivitäten, den fehlenden Feedback sowie Doppelarbeiten ohne dem Wissen der beteiligten Bereiche geschuldet (Silodenken). [2]

Eine weitere Herausforderung ist, dass Unternehmen zu wenige Startups mit in ihre Programme aufnehmen und es aufgrund der geringen Passgenauigkeit zu Ausfällen im Ergebnis kommt. Schuld ist oft ein eingeschränkter Überblick über mögliche Startups. [5]

Der Innovationsprozess in großen Unternehmen ist zudem oft nicht klar zugeordnet. Eine Studie von 500 Startups ergab, dass sich neben Legal und Business Development häufig zahlreiche weitere Abteilungen mit Startups beschäftigen. [9]
Graphik von In den Startup Prozess eingebundene Abteilungen.
Bei einer Zusammenarbeit mit Startups werden relevante Abteilungen, wie Rechtsabteilung, Einkauf usw. oft nicht rechtzeitig eingebunden. Widerstände regen sich außerdem, weil Mitarbeiter Angst vor disruptiven Einwirkungen von Extern haben. Weiterhin mangelt es an Unterstützung vom Top Management. Laut 500 Startups gibt es in Unternehmen oft gar keine klare Reporting-Struktur für Corporate Innovation Teams. Durch die genannten Herausforderungen behindern sich große Unternehmen selbst. Die Unternehmensentwicklung ist bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur erfolgreichen Zukunftsgestaltung in zunehmend volatilen Märkten eingeschränkt. [9]

Vorteile, die für ein starkes Corporate Startup Engagement sprechen

Durch die stärkere Innovationskraft von Startups erleichtern CSEs die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen und führen schneller zu Innovationen.
Außerdem lassen sich F&E Kosten reduzieren. Es findet ein Outsourcing statt ohne das technologische Risiko tragen zu müssen.
Zudem erlangt man Zugang zu neuen Technologien (“Window on Technology”), Talenten, Know-How und Geschäftsfeldern.

Startups agieren deutlich schneller, sind digital und auf Nischenmärkte fokussiert. Ein entscheidender Vorteil für große Unternehmen, so melden Corporate Venture Capital - Einheiten im Schnitt drei- bis viermal mehr Patente an als F&E Abteilungen. [6]
Letztlich helfen CSE Transformationsprozesse umzusetzen. [9]

Auch aus Startup-Perspektive lohnt sich die Kooperation durchaus. Startups erlangen Zugang zu Kontakten und Vertriebsstrukturen. Dadurch ergeben sich neue Absatzmöglichkeiten und finanzielles Wachstum. Letztlich können neue Referenzen ausgewiesen werden und gegebenenfalls ergibt sich eine Exit Option. [3]

Erfolgsfaktoren - Wie also ein erfolgreiches Corporate Startup Engagement umsetzen?

Eingangs ist es wichtig, klar definierte Ziele festzulegen. Dies bezieht sich darauf mit welchen Startups gearbeitet werden soll und wie. Darunter fällt eine klare Konzeptionierung und Auftragsdefinition, das Aufsetzen und Einbinden von Prozessen - vor allem der Screening-Prozess ist entscheidend. Ein ordentlicher Integrationsansatz geht hier dem Screening voraus. [4] Es ist dabei von großer Bedeutung, dass die definierten Ziele im Einklang mit den Unternehmenszielen stehen. Daraus ergibt sich im nächsten Schritt der richtige Corporate Startup Engagement - Ansatz, ob beispielsweise CVC-Einheiten, Accelerator Programme oder andere Maßnahmen benutzt werden sollen. [1]

Als zentraler Erfolgsfaktor erweist sich ebenso die Unterstützung seitens des Top Managements. Hier soll ein gewisses “Commitment to innovation” entstehen. Außerdem muss die Angst der eigenen Mitarbeiter vor externen disruptiven Einwirkungen überwunden werden. Dies wird erreicht, indem man die Innovations-Vision und ihre strategische Passung mit der Unternehmensausrichtung intern vermehrt kommuniziert. [5] Die Zustimmung der relevanten Stakeholder kann außerdem durch anfängliche, kleine Investitionen in den Kontakt mit Startups, z.B. in Form von Hackathons, gewonnen werden. Diese bringen zunächst zwar nur kurzfristige Erfolge, allerdings werden die Entscheidungsträger dadurch überzeugt großzügiger in die Startup-Zusammenarbeit zu investieren. [1] Dadurch lassen sich zudem langwierige Entscheidungsprozesse überwinden. [9]

Für ein erfolgreiches CSE ist es weiterhin entscheidend, ein Portfolio an vielen Startups aufzubauen und deren Leistung anhand von KPIs zu beobachten. Um die Intransparenz zu überwinden, die durch die zahlreichen am Innovationsprozess beteiligte Abteilungen und deren manuelle Arbeitsweisen in Form von Excel und Powerpoint entstehen, ist es essentiell, die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Bereichen zu erhöhen. Die häufig als große Hürde genannten kulturellen Differenzen, lassen sich aus Corporate Sicht dahingehend überwinden, dass man Risikoscheue abbaut und dem Startup Einsicht in Technologie und Kundenkontakte gewährt, sodass eine Wertschöpfung stattfinden kann. Vor allem um den zuvor genannten Prozessdifferenzen entgegenzuwirken empfiehlt es sich aus Corporate Sicht eine schlanke Governance für die Arbeit mit Startups einzuführen. [5]

Fazit

Unternehmen benötigen heutzutage die Zusammenarbeit mit Startups, um am zunehmend kompetitiven Markt zu bestehen und disruptiven Entwicklungen Stand zu halten. M&A Aktivitäten, Accelerator-Programme und vergleichbare Maßnahmen ermöglichen es, Innovationen schnell voran zu treiben und eigene F&E Bemühungen erfolgreich auszulagern.
Dabei kommt es allerdings zu einer Reihe von Herausforderungen. So agieren Unternehmen häufig sehr langsam. Es sind zu viele Abteilungen in den Startup Prozess integriert und diese arbeiten oft intransparent, was Reporting und Datenpflege betrifft. Die fehlende Unterstützung des Top Managements, Risikoaversion und kulturelle Differenzen sind zusätzliche Gründe, warum es zum Scheitern in der Zusammenarbeit mit Startups kommt.
Um ein erfolgreiches Corporate Startup Engagement zu betreiben bedarf es einem Portfolio an zu beobachtenden Startups. Dabei muss auch das Top Management involviert sein und schwerfällige Prozesse müssen mittels einer schlanken Governance überwunden werden. Schließlich sind diese Schritte nur möglich, wenn es eine klare Zieldefinition gibt, die auch mit der Unternehmensstrategie in Einklang steht.

Literaturverzeichnis

[1] Baurek-Karlic, B. & Brugger, G. (2018). CORPORATE START-UP ENGAGEMENT (CSE): TANGIBLE RETURNS ON INVESTMENT FOR THE MITTELSTAND (SME).

[2] BCG The Boston Consulting Group. (2018). The Most Innovative Companies 2018: Innovators Go All In On Digital, zuletzt aufgerufen am: 01.07.2019.

[3] Brigl, M., Gross-Selbeck, S., Dehnert, N., Schmieg, F., Simon, S. (2019). After the Honeymoon Ends: Making Corporate-Startup Relationships Work, zuletzt aufgerufen am: 19.06.2019.

[4] Capgemini (2016). Post-merger integration of small digital companies into larger organizations, zuletzt aufgerufen am: 19.06.2019.

[5] Flötotto, M. (2019). Zusammenspiel von Start-ups und Corporates - Missverständnisse und mögliche Lösungen. McKinsey.

[6] Klamar, N. & Prawet, B. (2018). Corporate Venture Capital Markt in Deutschland. Frankfurt am Main.

[7] Mind the Bridge & Nesta (2019). Open Innovation Outlook, zuletzt aufgerufen am: 19.06.2019.

[8] Riehl, M., Öhler, L., Hessbrüggen, U. (2016). Wohin steuert die Unternehmensentwicklung? Entrepreneure sind die neuen Unternehmensgestalter., zuletzt aufgerufen am: 01.07.2019.

[9] 500 Startups (2019). Unlocking Innovation Through Startup Engagement: Best Practices from Leading Global Corporations, zuletzt aufgerufen am: 19.06.2019.

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